Ich war Instagram Anfang Januar plötzlich überdrüssig
Kaum hat das neue Jahr begonnen, habe ich mir eine kleine, ungeplante Instagram-Auszeit genommen. Irgendwie war mir für ein paar Tage einfach die Lust darauf vergangen, etwas online zu stellen. Eine zunehmende Abnahme der Qualität der Inhalte ließ mich am Sinn der Plattform zweifeln. Irgendwie beschleicht mich der Eindruck, dass Influencer Marketing 2021 noch weiter aus dem Ruder läuft.
Ich selbst bin auf Instagram ein winziges Licht. Nichtsdestotrotz hatte ich auch keine Lust mich mit gewissen Akteure auf eine Stufe zu stellen. Kurzzeitig überwältigte mich der Eindruck, Intelligenz sei ein Hinderungsgrund, auf Instagram erfolgreich zu werden. Aus dem Grund verging mir die Lust am Posten.
Das ist natürlich eine einseitige und vorschnelle Einschätzung. Aber in letzter Zeit haben sich die Vorfälle an “dummen” Beiträgen so extrem gehäuft, dass ich kurz die Geduld mit Instagram verloren habe. Auf Facebook bin ich ja nur noch angemeldet, weil ich hier beruflich auf dem Laufenden bleiben muss. Wäre Social Media nicht Teil meines Berufes, hätte ich mich dort schon vor einem Jahr abgemeldet, da hier wirklich nur noch im bestenfalls Unwissenheit und im schlimmsten Fall Hass & Hetze verbreitet wird. Doch die Corona-Pandemie scheint diese Entwicklung auch auf Instagrams Influencer übertragen zu haben. Obwohl nicht jeder Vorfall, über den ich mich geärgert habe, direkt mit Corona zu tun hat, scheint die aktuelle Situation jedoch als Katalysator für unbedachtes Handeln zu fungieren. Aber ich fasse lieber mal zusammen, was mich am Influencer Marketing 2021 (in Deutschland) stört:
1. Influencer lügen ihre Follower dreist an
Ich durfte als sog. “Mikroinfluencer” auch schon etwas Luft in diesem Business schnuppern. Zusätzlich habe ich auch beruflich für ein großes Elektronikunternehmen schon hoch dotierte Influencer Kooperationen eingetütet. Ich weiß also, wie das Business funktioniert.
Umso mehr fällt mir auf, wenn Influencer in Bezug auf Markenkooperationen ihre Follower dreist anlügen. Kürzlich hat eine sehr bekannte deutsche, durchoperierte Influencerin mit knapp 1,5 Mio. Followern in einer Umfrage danach gefragt, welche Markenkooperationen ihre Fans mittlerweile auf Instagram nicht mehr sehen können. Witzigerweise wurde etwa alle Marken genannt, mit denen die besagte Influencerin kooperiert. Fast patzig meinte sie danach, sie könne ja auch nichts dafür, dass sie diese Marken als erste entdeckt hätte und alle anderen sie dann nachmachen würden.
Ja ne, ist klar. Marken, die stark auf Influencer Marketing setzen, haben in diesem Bereich einfach große Budgets (sehr große Budgets, denn Influencer Marketing mit “großen” Accounts ist teuer) und zahlen somit am besten. Kein großer Influencer mit Management hat es außerdem derzeit nötig, von sich aus Marken anzuschreiben – was in der Realität auch nicht passiert. Besagte Influencerin bekommt von den Marken, die sie bewirbt, einfach die größten Paychecks. Einen Tag später wurde dann auch wieder eine der meistgenannten Marken in die Kamera gehalten: Les Lunes.
Was außerdem witzig wäre, wenn es nicht so gefährlich für besonders für die Psyche junger Frauen wäre: Influencerinnen stehen i.d.R. immer nur zu ihren Brustvergrößerungen, weil sich diese schwer leugnen lassen. Hier ist es fast Trend, sehr offen zu reden, weil man ja ach so authentisch und ehrlich zu seinen Followern ist.
Was verschwiegen wird: Nasen OPs, Unterspritzungen der Hüften und Brazilian Butt Lifts (besonders bei Fitness Influencerinnen), Botox & Hyaluron-Injektionen sind fast genauso häufig durchgeführte Eingriffe. Zu denen wird aber komischerweise meist nicht offen gestanden. (Ich möchte hier Schönheitsoperationen übrigens nicht per se verurteilen. Wer im Glashaus sitzt und so, ihr wisst, was ich meine. Ich finde es nur falsch, wenn hier mit zweierlei Maß gemessen wird.)
2. Immer die gleichen Kooperationen im Gießkannenprinzip
Es gibt ein paar Marken, denen kann man auf Instagram kaum noch entkommen. Les Lunes hatte ich bereits erwähnt. Außerdem Banana Beauty, Smile Secret, Pomelo, Oceans Apart, NAKD, About you… das wären so die ersten, die mir spontan einfallen. Hello Body war 2019 und Anfang 2020 eine regelrechte Krankheit, aber von dieser Marke scheinen sich aktuell viele Influencerinnen abgewandt zu haben. Ich kann über die Qualität der Produkte nichts sagen, da ich eine entsprechende Kooperationsanfrage letztes Jahr abgelehnt habe. Doch bei Hautpflege verstehe ich keinen Spaß, wenn die Qualität nicht stimmt. Was ein Grund dafür sein könnte, dass sich hier Akteure von langfristigen Zusammenarbeiten abgewandt haben.
Auffällig bei vielen dieser “Influencer Marken” ist, dass sie scheinbar aus dem Nichts entstehen und dann plötzlich allgegenwärtig scheinen. Hier müssen finanzstarke Investoren im Hintergrund stehen (und wahrscheinlich hohe Spannen auf die Produkte). Auf Influencer Marketing zu setzen ist aber ja per se nichts Schlechtes und gegenwärtig eine clevere Strategie, um ein Produkt schnell bekannt zu machen. Was ich selbst als Online Marketing Managerin nicht verstehen kann, ist das plumpe Gießkannenprinzip. Einige Marken scheinen rein auf Reichweite zu setzen ohne sich mit den Personen, die dann ihre Marke vertreten und als Aushängeschild fungieren, wirklich auseinanderzusetzen. Hin und wieder kommt das zu regelrecht absurden Kooperationen, bei denen in meinen Augen absolut kein Brand Fit mehr besteht und ich mich frage, was sich die Marken dabei eigentlich gedacht haben. Wenn bspw. Männer Pomelo-Haarmasken bewerben oder dickliche, ältere Frauen (nichts gegen diese Damen generell), die nichts mit Sport am Hut haben, sich in hautenge Fitnessoutfits quetschen, um diese zu bewerben.
Einige Marken scheinen rein auf Reichweite zu setzen ohne sich mit den Personen, die dann ihre Marke vertreten und als Aushängeschild fungieren, wirklich auseinanderzusetzen.
Selbst als Mini-Mikroinfluencer möchte ich nicht mit Marken in Verbindung gebracht werden, für die bestimmte andere Personen werben (beispielsweise die Laura Müllers dieser Welt). – Für die Marken noch viel schlimmer: Für solche Produkte würde ich als Kunde auch erst recht kein Geld ausgeben.
Was ich auch aus meiner Erfahrung auf der “Business”-Seite sagen kann: Reine Reichweite ohne Glaubwürdigkeit (wie es häufig bei Trash-TV-Bekanntheiten der Fall ist) funktioniert abverkaufstechnisch auch gar nicht. Das Geld kann man sich also als Unternehmen sparen!

3. Plumpe Dummheit & Ignoranz
Viele Influencer vermitteln, dass “ehrliche” Arbeit sich nicht auszahlt, weil man dadurch niemals den Lifestyle wird führen können, den sie führen. Gleichzeitig wirken sie häufig erschreckend bildungsfern. Der eine findet es cool, vor einer Holocaust-Gedenkstätte zu posieren (und geht nicht mal in seiner Caption darauf ein, wo er sich gerade befindet), andere können keinen einzigen Satz ohne grammatikalische Fehler bilden.
Ich finde es schade, dass jungen Menschen so vorgegaukelt wird, Bildung, harte Arbeit und eine Berufsausbildung bzw. ein Studium seien nichts wert. Eher im Gegenteil wird die “normal” arbeitende Bevölkerung regelrecht verhöhnt, indem Aussagen getroffen werden, man könne sich niemals vorstellen als Angestellte zu arbeiten. Auch Reisen während des Lockdowns in einer Pandemie suggerieren, dass die Regel für das “einfache Volk” nicht für die Schönen und Reichen gelten.
Ich finde es schade, dass jungen Menschen so vorgegaukelt wird, Bildung, harte Arbeit und eine Berufsausbildung bzw. ein Studium seien nichts wert.
Was mich gleich zu meinem nächsten Punkt bringt: Ignoranz. Dummheit ist das eine. Dafür kann man nicht immer selbst was. Ignoranz ist noch ungleich schlimmer. Da werden im Januar 2021 fröhlich Reels einer Deutschen beim Skifahren in Österreich gezeigt (ohne vorherige Quarantäne versteht sich), andere jetten zu “Pressereisen” nach Dubai und drehen Instastories ohne Maske im Flugzeug.
Warum übrigens gerade so viele Prominente in Dubai sind, erklärt dieser interessante Artikel der WELT. Spannend auch, dass Influencer, die längerfristig in Dubai leben wollen, sich verpflichten müssen, nichts Regierungskritisches öffentlich zu äußern. Ich für meinen Teil möchte nicht dauerhaft in einem Land leben, in dem die Menschenrechte (vor allem von Frauen!) derart mit Füßen getreten werden und absolut keine Meinungsfreiheit herrscht. Aber hey, in den USA sei es ja gerade so schlimm, jetzt möchte sie doch lieber nach Dubai auswandern (O-Ton einer Influencerin).
Meine Konsequenz aus der Entwicklung des Influencer Marketings 2021?
Vielleicht kann ich Corona in der Hinsicht zumindest dankbar sein, dass sich die Pappnasen aktuell viel deutlicher selbst entlarven. Diesen Personen entfolge ich konsequent. Genauso wie ich denen entfolge, die mich extrem langweilen. Denn der Lockdown zeigt auch, wie leer und unerfüllt das Leben vieler Z-Promis wirklich ist. Ohne fancy Parties und glamouröse Reisen haben sie nichts mehr. Nicht einmal irgendeine wichtige Message.
Für mich selbst und meine Inhalte auf sozialen Medien ziehe ich daraus auch Konsequenzen. Kooperationen werde ich noch stärker hinterfragen und weniger eingehen. Ich möchte auch nicht das bauchfreie, im Schneegestöber stehende Mädel sein, dass einen ach so “deepen” Kalenderspruch postet. Denn ich habe eine eigene Meinung und scheue mich nicht davor, mich auch zu positionieren. – Und ich möchte Mehrwert bieten. Daran werde ich 2021 arbeiten!
Bis bald
♡ Kristina